Produktfotografie ist nicht immer gleich Produktfotografie. Es gibt viele verschiedene Kategorien und Kriterien, die man beachten muss, noch BEVOR man beginnt mit den Aufnahmen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ein Kunde nun einige Jacken als Legeware auf Weiß fotografiert haben möchte oder ein Whisky Glas im Ambiente oder vielleicht ein vollverchromtes Feuerzeug -nein, besser 100 und zwar exakt im gleichen Winkel und perfekt ausgeleuchtet.
Man stellt sich das so einfach vor: Produkt hinstellen, Lampen links und rechts, einmal geknipst und schnell ein bisschen retuschiert. Aber wer sich schon einmal detailliert mit der Produktfotografie auseinander gesetzt hat, wird bereits beim Wort “vollverchromt” wissen, dass dies nicht mit ein paar Handgriffen getan ist.
Herr Wydmuch erklärte mir die grundlegenden Arten der Beleuchtung folgendermaßen und ich habe es mir bis heute gut merken können:
Matte Flächen werden BEleuchtet
Durchsichtige Produkte (Gläser zum Beispiel) werden HINTERleuchtet
Hochglänzende oder gar spiegelnde Flächen werden “Eingespiegelt”
Letzteres birgt wohl die größte Herausforderung. Und auch nach Jahren der Erfahrung und bewährten Belichtungs-Setups sollte man immer jedes Produkt individuell behandeln, neu beleuchten und offen sein sich weiter zu verbessern und nicht scheuen etwas zu verändern. Hier ist viel Ehrgeiz gefragt und auch Geduld. Es kommt nicht selten vor, dass zwei Personen in das Set involviert werden, jeder mit beiden Händen im Geschehen, jeder hat eine Aufgabe, eine Kante, Ecken für die er zuständig ist, die aufgehellt, abgedunkelt werden müssen.
Präzision ist hier gefragt. Vor allem, wenn es mehrere Produkte einer Reihe gibt, die Zentimeter genau ausgewechselt werden müssen. Dabei dürfen teilweise die Oberflächen nicht einmal berührt werden. Der “Krümelhandschuh” ist ein wichtiges Utensil, was wir bei solchen Shootings brauchen. “Krümel” deswegen, weil dieser weiche Handschuh blau ist und es aussieht als würde das Krümelmonster höchst selbst bei uns hospitieren.
Als Fotograf braucht man von Natur aus ein gutes Auge für Details, aber in meinem Praktikum lernte ich schnell auf gewisse Details zu achten. Dieses besondere “Fotografenauge” braucht viel Zeit sich zu entwickeln, aber es lohnt sich.
Ich selbst musste irgendwann feststellen, dass man viele Dinge ganz anders sieht. Man sieht sich ein Bild an und denkt sich: “Ja, das ist doch ganz schön.” oder “Hm, also das gefällt mir nicht so gut.”
Wenn man jedoch jeden Tag eine Kamera in der Hand hält und Stunden vor dem Monitor in Photoshop verbringnt dann ist es mehr als das. Einmal erwischte ich mich dabei, wie ich an der Bushaltestelle mit der Nase vor der Glasscheibe des Werbekastens stand und das Plakat kritisch beäugte. Kataloge, Internetseiten, Familienfotos, Fotomontagen, Plattformen wie Amazon und Ebay sieht man ganz anders. Überall sieht man “Belichtung”, “Bearbeitung” oder was man alles daran machen könnte. Man sieht auch viel schlechtes und dann bin ich umso stolzer, dass wir uns Tag für Tag bemühen nicht nur gute, sondern hervorragende Arbeit abzuliefern und auch wenn man schnell verführt ist ungeduldig zu werden, ist man froh am Ende die Zeit in das “perfekte” Setup investiert zu haben.